Wahl außer der Reihe – wann muss der Betriebsrat vorzeitig neu gewählt werden?

Ein Betriebsrat bleibt normalerweise für vier Jahre im Amt. Die regulären Betriebsratswahlen finden alle vier Jahre statt – immer in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai (§ 13 BetrVG). Die letzten Betriebsratswahlen wurden 2022 durchgeführt, der nächste Wahltermin steht also 2026 an (dann wieder 2030, 2034 usw.). Dieser vierjährige Wahlrhythmus ist grundsätzlich für alle Betriebe in Deutschland gleich.

Aber auch außerhalb des regulären Wahlzeitraums kommt es vor, dass gewählt werden darf oder sogar muss. Sei es, weil bislang noch kein Betriebsrat existiert hat und nun ein neuer gegründet werden soll, oder weil wegen besonderer Umstände eine Neuwahl notwendig wird.

Das sind die Voraussetzungen für außerordentliche Wahlen

Wann außerhalb des regelmäßigen Turnus Betriebsratswahlen abgehalten werden müssen, steht im Gesetz. § 13 Abs. 2 BetrVG nennt sechs Fälle, in denen neu gewählt werden muss:

  1. Die Zahl der Beschäftigten im Betrieb hat sich wesentlich geändert.
  2. Die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder ist unter die vorgeschriebene Zahl gesunken.
  3. Der Betriebsrat ist zurückgetreten.
  4. Die Wahl wurde erfolgreich angefochten.
  5. Der Betriebsrat wurde durch eine gerichtliche Entscheidung aufgelöst.
  6. Es existiert noch kein Betriebsrat im Betrieb.

Wesentliche Veränderung der Belegschaftsstärke

Wenn sich die Belegschaftsstärke wesentlich verändert hat, müssen Sie neu wählen. Voraussetzung hierfür ist, dass

  • die Anzahl der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer um mindestens 50 Prozent gestiegen oder gesunken ist – mindestens aber um 50 Arbeitnehmer – und
  • diese Änderung zum maßgeblichen Stichtag exakt in der Mitte der vierjährigen Amtszeit des Betriebsrats – also 24 Monate nach dem Wahltag – eintritt.

Wichtig:

Wenn sich die regelmäßige Belegschaftsstärke zwar um 50 Prozent, aber um weniger als 50 regelmäßig beschäftigte Arbeitnehmer verändert, findet keine Neuwahl statt. Sie müssen auch dann nicht vorzeitig neu wählen, wenn die Schwellenwerte erst nach dem Stichtag überschritten werden.

Nicht mehr genügend BR-Mitglieder im Gremium

Wenn die Zahl der Betriebsratsmitglieder unter die gesetzlich vorgeschriebene Anzahl gesunken ist, müssen Sie eine Neuwahl anstoßen.

Beispiel:

Ihr Betriebsrat besteht aus neun Betriebsratsmitgliedern und Sie haben zwei Ersatzmitglieder. Nun geht ein BR-Mitglied in Rente, zwei weitere legen ihr Amt wegen Unstimmigkeiten mit dem Betriebsratsvorsitzenden nieder. Damit besteht der Betriebsrat, selbst nachdem alle Ersatzmitglieder nachgerückt sind, nur noch aus acht Personen – und ist damit unter die gesetzlich vorgeschriebene Zahl gesunken. Der Betriebsrat muss deshalb neu gewählt werden.

Rücktritt des Betriebsrats

Eine Neuwahl wird auch dann erforderlich, wenn der Betriebsrat zurücktritt. Der Betriebsrat kann jederzeit als Gremium zurücktreten, er benötigt hierfür keinen Grund. Er muss dafür allerdings einen Betriebsratsbeschluss fassen, und zwar mit der absoluten Mehrheit.

Anfechtung der Betriebsratswahl

Wenn die Wahl wirksam angefochten wurde und von einem Gericht rechtskräftig für unwirksam erklärt wurde, ist dies ein weiterer Grund für eine Neuwahl. Mit Rechtskraft des gerichtlichen Beschlusses endet in diesem Fall die Amtszeit des Betriebsrats.

Auflösung des Betriebsrats wegen grober Pflichtverletzung

Zuletzt kann eine Neuwahl auch dann notwendig werden, wenn der Betriebsrat von einem Gericht wegen grober Pflichtverletzung rechtskräftig aufgelöst wurde. Das kommt allerdings nicht häufig vor. Zum einen begehen Betriebsräte selten so grobe Pflichtverletzungen, dass diese eine Auflösung des Gremiums rechtfertigen. Zum anderen muss auch jemand die Auflösung beim Arbeitsgericht beantragen, damit es überhaupt zu einem solchen Verfahren kommt.

Folgen der notwendigen Neuwahl für den Betriebsrat

Je nachdem, warum eine Neuwahl notwendig wird, hat das unterschiedliche Auswirkungen.

Wenn der Betriebsrat

  • wegen der Änderung der Mitarbeiterzahl
  • wegen des Ausscheidens von Betriebsratsmitgliedern oder
  • wegen eines Rücktritts des Gremiums

neu gewählt werden muss, dann bleiben Sie als amtierender Betriebsrat zunächst einmal weiterhin mit allen Rechten und Pflichten im Amt. Sie sind allerdings dazu verpflichtet, unverzüglich einen Wahlvorstand zu bestellen, der die Neuwahl durchführt.

Mit sofortiger Wirkung bzw. nach Rechtskraft der arbeitsgerichtlichen Entscheidung endet Ihre Amtszeit als Betriebsrat, wenn

  • die Wahl mit Erfolg angefochten (§ 13 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 19 BetrVG) oder
  • der Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner Pflichten durch eine arbeitsgerichtliche Entscheidung rechtskräftig aufgelöst wurde (§ 13 Abs. 2 Nr. 5 i. V. m. § 23 Abs. 1 BetrVG).

In diesen Fällen ist der Betrieb ab diesem Zeitpunkt betriebsratslos.

Tipp:

Ist für Sie als Betriebsrat absehbar, dass die Anfechtung der Wahl Erfolg haben wird, können Sie – noch vor Rechtskraft der Entscheidung – Ihren Rücktritt erklären. So kommen Sie der Auflösung durch das Gericht zuvor und bleiben zunächst weiterhin mit allen Rechten und Pflichten im Amt. Das heißt: Sie können auch einen neuen Wahlvorstand bestellen, der sich um die Wiederholung der Betriebsratswahl kümmert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass Sie nach der rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts bis zur Neugründung eines Betriebsrats einen betriebsratslosen Betrieb haben.

Rückkehr in den regulären Wahlturnus

Und was bedeutet das jetzt für den vierjährigen Wahlrhythmus? Da dieser grundsätzlich für alle Betriebe in Deutschland gleich ist, gibt es Regeln, wie Sie nach einer außerordentlichen Wahl wieder in diesen regelmäßigen Wahlturnus einscheren:

  • Verkürzte Amtszeit: Im Regelfall wird die Amtszeit eines neu gegründeten Betriebsrats verkürzt sein, also weniger als vier Jahre betragen. Das Betriebsverfassungsgesetz schreibt nämlich vor, dass ein außer der Reihe gewählter Betriebsrat bei der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl neu gewählt werden muss (§ 13 Abs. 3 Satz 1 BetrVG).

  • Verlängerte Amtszeit: Es gibt dabei  jedoch eine Ausnahme, damit es nicht zu übermäßig kurzen Amtszeiten kommt: Betriebsräte, die zu Beginn des Zeitraums der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahlen noch nicht ein Jahr im Amt waren, bleiben bis zur übernächsten regelmäßigen Betriebsratswahl im Amt (§ 13 Abs. 3 Satz 2 BetrVG). Die Amtszeit solcher Betriebsräte dauert dementsprechend länger als vier Jahre.

Das heißt: Egal, wann Sie Ihren Betriebsrat gegründet oder neugewählt haben – spätestens bei der übernächsten BR-Wahl wählen Sie wieder innerhalb des regulären Wahlzeitraums.

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