Kurzfristige Verlegung der Wahl des Wahlvorstands auf den Parkplatz: Keine Nichtigkeit

 

An die Art und Weise der Bestellung eines Wahlvorstand für die Durchführung einer Betriebsratswahl sind in Pandemiezeiten noch geringere Anforderungen zu stellen. Wird eine Wahl des Wahlvorstands wegen eines (Teil-)Lockdowns kurzfristig und durch Zuruf von drinnen auf einen Parkplatz vor dem Gebäude verlegt, dann ist diese Wahl nicht nichtig.

 

Das ist passiert:

Bei der Arbeitgeberin, einer Familienbrauerei mit ca. 80 Beschäftigten, existiert bisher noch kein Betriebsrat. Die drei Wahlinitiatoren luden alle Beschäftigten für den 05. November 2020 um 15:00 Uhr in den Saal des Brauereigasthofs zur Bestellung eines Wahlvorstandes zur Durchführung einer Betriebsratswahl ein. Die Einladung nebst Hygienekonzept wurde der Arbeitgeberin bekannt gemacht und an vielen Stellen im Betrieb ausgehängt. Am 29. Oktober 2020 beschloss die Bayerische Staatsregierung den sog. Teil-Lockdown ab dem 02. November 2020. Erst am Abend des 04. November 2020 erfuhren die Wahlinitiatoren, dass deshalb am nächsten Tag die Räumlichkeiten für eine Betriebsversammlung nicht genutzt werden könnten. Die Versammlung wurde kurzfristig auf den davor befindlichen Parkplatz verlegt und es nahmen 10 Personen teil. Per Abstimmung durch Zuruf wurde dort dann der Wahlvorstand einstimmig gewählt.

Die Arbeitgeberin verweigerte dem auf diese Weise gewählten Wahlvorstand die Herausgabe verschiedener Listen zur Erstellung einer Wählerliste, da er die Wahl für unwirksam hält. Der Wahlvorstand verlangte daraufhin im Eilverfahren die Herausgabe der Beschäftigtenlisten gemäß § 2 Abs. 2 Wahlordnung (WO).

Das sagt das Gericht

Die Arbeitgeberin hat den Wahlvorstand bei der Anfertigung der Wählerliste zu unterstützen und ihm die Listen herauszugeben. Dies gelte auch, wenn die Bestellung des Wahlvorstandes anfechtbar ist. Eine Unterstützungspflicht bestehe nur dann nicht, wenn die Bestellung nichtig ist. Allerdings sei die Nichtigkeit der Wahlvorstandswahl auf schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt. Eine nur fehlerhafte Wahl genügt gerade nicht. Es müsse sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 16 – 17a BetrVG handeln.

Gemessen an diesen Grundsätzen sei die vorliegende Wahlvorstandswahl nicht nichtig. Die Wahl war für den 05. November 2020 anberaumt. Den Beschäftigten sei, soweit möglich, per Mundpropaganda und modernen Medien mitgeteilt worden, dass die Wahl auf jeden Fall stattfinden wird, nur nicht in der Gastwirtschaft. Die Wahl habe dann auf dem vom Eingang des Gasthofs einsehbaren Parkplatz stattgefunden. In diesem Zusammenhang seien auch die Herausforderungen der Pandemiezeiten besonders zu berücksichtigen. Das Betriebsverfassungsgesetz gelte weiterhin und deshalb müssen auch Betriebsratswahlen ohne unnötige zusätzliche Komplikationen durchgeführt werden können. Außerdem seien etwaige Ladungsfehler bei einer kurzfristig stattfindenden Betriebsversammlung unabhängig von Pandemiezeiten großzügig zu betrachten, wenn ein Großteil der Belegschaft von der Versammlung hätte Kenntnis haben können. Davon ging das Arbeitsgericht hier aus.

Hinweis für Ihre Betriebsratswahl:

Auch diese aktuelle Entscheidung zeigt, wie hoch die Hürden für die Annahme einer Nichtigkeit sind. Es muss wirklich grob und offensichtlich gegen wesentliche Wahlvorschriften verstoßen werden. Das gilt übrigens sowohl für die Wahlvorstands- als auch für die Betriebsratswahl.

 

ArbG Weiden vom 18.12.2020 – 3 BVGa 2/20