Keine Anfechtung der Betriebsratswahl wegen Öffnen der Briefwahlumschläge

Der Grundsatz der Öffentlichkeit wird bei einer Betriebsratswahl mit nur einem Wahllokal nicht verletzt, wenn der Wahlvorstand Zeit und Ort der Öffnung der Briefwahl-Umschläge nicht ausdrücklich mitteilt.


Das ist passiert:

In dem Betrieb aus dem Bereich der Hotellerie fand am 21.6.2017 eine Betriebsratswahl statt. Für die Wahl war die Zeit von 06:30 Uhr bis 18:30 Uhr vorgesehen. Die Auszählung der abgegebenen Stimmen sollte ab 18:35 Uhr im Wahlraum erfolgen. Gegen 16:30 Uhr begann der Wahlvorstand, die Freiumschläge der Briefwähler zu öffnen, die Stimmabgaben in der Wählerliste zu vermerken und die Wahlumschläge in die Wahlurne einzuwerfen. Dies dauerte bis etwa 17:30 Uhr. Der Wahlvorstand hatte den Arbeitnehmern den Zeitpunkt der Öffnung der Freiumschläge weder im Wahlausschreiben noch anderweitig mitgeteilt. Das Wahlergebnis wurde am 23.6.2017 bekannt gegeben.
Eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft hat die Wahl angefochten und meinte, der Wahlvorstand habe das Öffentlichkeitsprinzip verletzt. Außerdem hätten einige Rückumschläge von Briefwählern weder den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" noch die Absenderanschrift der Wahlberechtigten getragen.

Das sagt das Gericht:

Das Bundesarbeitsgericht sah im vorliegenden Sachverhalt keine Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit. Eine ausdrückliche Mitteilung des Wahlvorstands zu Zeit und Ort der Öffnung der Freiumschläge sei nicht erforderlich gewesen, da das Wahlausschreiben die Angaben zu den Öffnungszeiten des einzigen Wahllokals zur persönlichen Stimmabgabe enthalten habe. Da der Wahlvorstand die Freiumschläge nach § 26 Abs. 1 WO „unmittelbar vor Abschluss der Stimmabgabe" öffne, habe kein Zweifel bestanden, wo und wann die Umschläge zu öffnen seien. Die öffentliche Sitzung des Wahlvorstands (§ 26 Abs. 1 Satz 1 WO) sei am Wahltag konkludent einberufen worden.
Der Vorwurf, der Wahlvorstand habe die Freiumschläge zu früh geöffnet, sei hier nicht nachgewiesen. Denn der Wahlvorstand dürfe selbst einschätzen, wie lange er für die Öffnung brauchen werde. Das hänge u.a. von der Anzahl der zu öffnenden Umschläge ab. Das LAG müsse daher noch Feststellungen dazu treffen, wie viele Freiumschläge zu öffnen waren.
Auch sei vom LAG noch zu klären, ob tatsächlich – wie vom Betriebsrat und der Arbeitgeberin behauptet – nur diejenigen Rückumschläge nicht den Vermerk „Schriftliche Stimmabgabe" und die Absenderanschrift der Wahlberechtigten getragen hatten, die an Wahlberechtigte gegeben wurden, die ausdrücklich erklärt hatten, im Betrieb zu wählen und die Briefwahlunterlagen persönlich an den Wahlvorstand zurückzugeben. In diesem Fall liege kein Verstoß gegen § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 WO vor. Die Sache wurde zur weiteren Bearbeitung an das LAG zurückverwiesen.

Bundesarbeitsgericht vom 20.05.2020 – 7 ABR 42/18